Gedichte zur Weihnachtszeit - Christkind

Christkind im Walde

Ernst von Wildenbruch (1845-1909)

Christkind kam in den Winterwald,
der Schnee war weiß, der Schnee war kalt.
Doch als das heil'ge Kind erschien,
fing's an, im Winterwald zu blühn.

Christkindlein trat zum Apfelbaum,
erweckt ihn aus dem Wintertraum.
"Schenk Äpfel süß, schenk Äpfel zart,
schenk Äpfel mir von aller Art!"

Der Apfelbaum, er rüttelt sich,
der Apfelbaum, er schüttelt sich.
Da regnet's Äpfel ringsumher;
Christkindlein's Taschen wurden schwer.

Die süßen Früchte alle nahm's,
und so zu den Menschen kam's.
Nun, holde Mäulchen, kommt, verzehrt,
was euch Christkindlein hat beschert!

Vor Weihnachten

Still, Knaben und Mädchen!
Es schaut durch das Lädchen
Christkindlein zum Fenster herein!
Da sieht es gleich hinter
Dem Vorhang die Kinder
Und horcht, ob sie etwa nicht schrei`n.

Und wenn sie gehorchen,
So bringt`s ihnen morgen
Viel Sachen von Zucker und Gold.
Drum legt euch zufrieden;
Dann hat es beschieden
Bis morgen früh, was ihr nun wollt.

Friedrich Güll

Zwei helle Sternlein

aus dem Rheinland

Zwei helle Sternlein funkeln
wohl über dem Häuschen klein
Christkindchen steht draußen im Dunkeln
und schaut zum Fenster hinein. 
Es schaut, ob die Kinder brav sind
o sie sich nicht zanken und schrein
und wenn die Kleinen im Schlaf sind
dann geht es zum Himmel hinein. 
Im Himmel hat es ein Gärtchen
von Tannbäumchen voll.
Christkindchen läutet am Pförtchen
daß man ihm aufmachen soll.
Herr Nikolaus geht durch den Garten:
"Mein guter Knecht mach auf!"
Christkindchen braucht nicht zu warten,
Herr Nikolaus macht schon auf.
Christkindchen durch Moos und Gebüsche
dann in sein Häuschen geht.
Da sitzen die Englein am Tische
und machen Christgerät.
Nüsse vergolden die einen
die anderen backen Konfekt
noch andere haben die kleinen
Wachslichter aufgesteckt.
Gärtchen und Häuschen sie machen
Puppen, Soldaten viel
zahllose schöne Sachen
Bilderbücher und Spiel.
Am Heiligen Abend werden die
Bäumchen geputzt mit Pracht
und heimlich auf die Erde zu
braven Kindern gebracht.
Dann kehren sie wieder zurücke
neigen die Flüglein sacht
beten mit dem Christkind leise
und sagen sich Gute Nacht!
Alles schläft im Dunkeln
bald wird es Weihnacht sein.
Zwei helle Sternlein funkeln
wohl über dem Häuschen klein

Vom Christkind

Denkt euch - ich hab das Christkind geseh`n!
Es kam aus dem Walde, das Mützchen voll Schnee,
mit rot gefrorenem Näschen.
Die kleinen Hände taten ihm weh;
denn es trug einen Sack, der war gar schwer,
schleppte und polterte hinter ihm her -
was drin war, möchtet ihr wissen?
Ihr Naseweise, ihr Schelmenpack -
meint ihr, er wäre offen, der Sack?
Zugebunden, bis oben hin!
Doch war gewiß was Schönes drin:
Es roch so nach Äpfel und Nüssen!

Anna Ritter